"Demokratie, das ist der Staat, das sind Politik und Verwaltung. Die sind weit weg, die machen eh nur, was sie wollen." So oder so ähnlich klingt Demokratiekritik – gestern, heute, immer wieder. Demokratie ist der Oberbegriff für eine bestimmte Weise der Organisation eines Staatswesens. Politische Bildung (bei uns = DemokratieBildung) wird dann häufig darauf beschränkt, die institutionellen Strukturen und politischen Formen einer demokratischen Staatsform zu erläutern. Begriffe wie Demokratie, Toleranz oder Rechtsstaat entwickeln sich in der politischen Bildung deshalb allmählich leider zu Ladenhütern. Wer daran etwas ändern will, der darf nicht nur mit Staatslehre, Recht und Gesetz kommen. Unsere Konzepte machen Demokratie praktisch zugänglich und erfahrbar. Und das sogar unterhaltsam und spannend!
Unsere Regionalzenten für demokratische Kultur stricken ihre Angebote zur politischen Bildung so, dass sie das Wesen der Demokratie direkt erlebbar machen. Und was kommt dabei heraus? Menschen, die sich mit Demokratie auseinandersetzen, die streiten, diskutieren und bereit sind, auch mühevolle Wege für die Demokratie zu gehen: "Ich wusste gar nicht, dass Demokratie so viel mit mir zu tun hat." Diesen Satz hören wir immer wieder als Feedback auf unseren Seminaren.
Unsere Regionalzentren für demokratische Kultur setzen bei ihren Angeboten zu politischen Bildung beim Erfahrungslernen an: Neben lebendigen Input-Formaten schafft das Team Lern- und Erfahrungsräume, in denen sich Menschen ganz praktisch mit Prozessen in Gruppen, Vor- und Nachteilen demokratischer Verfahren oder den Effekten von Ausgrenzung beschäftigen können. Dabei kommen Plan- und Rollenspiele genauso zum Einsatz wie Interaktions- und Kommunikationsübungen, digitale Lernplattformen oder analoge Gesellschaftsspiele. Menschen erhalten die Gelegenheit, in realen Situationen Entscheidungen zu treffen, ihre Handlungen gemeinsam zu reflektieren und zu prüfen, welche Chance sie demokratischen Prinzipien bei der Lösung von Problemen geben wollen oder können. Das lässt kaum jemanden unberührt.
Die Auseinandersetzung mit konkreten Problemstellungen und sozialen Erfahrungen gilt als der Königsweg in der politischen Bildung. Nicht nur Hirnforschung und Pädagogik betonen heute, dass diese Form des Lernens nachhaltig wirkt und Lernende zu einer langfristigen und tiefgründigen Auseinandersetzung mit Inhalten anregen kann.
Für unsere DemokratieBildung lautet die spannendste Frage nicht, welche Kenntnistiefe über die parlamentarischen Verfahren des Bundestages in der Bevölkerung erreicht werden kann. Wir wollen wissen, unter welchen Bedingungen Menschen in kritischen sozialen Konfliktsituationen dazu bereit sind, Lösungen zu finden, die nach demokratischen Prinzipien funktionieren. Zum Beispiel dann, wenn zentrale eigene Anliegen gegenüber den Ansprüchen anderer bedroht erscheinen. Fragen der Verteilungs- und Chancengerechtigkeit stellen sich in vielen Lebensbereichen und sind teilweise sogar existenziell. Wie gelingt es in diesen Situationen, dass von den Beteiligten demokratische Lösungen für soziale Probleme anerkannt und positiv bewertet werden? Rechtsnormen, Wissen über Verfahren und Institutionen oder kulturelle Traditionen können sicher unterstützend bei der Lösung für soziale Probleme sein, sie können aber niemals allein für konstruktive Haltungen garantieren. Im Gegenteil, sie können in dieser Hinsicht sogar kontraproduktiv wirken, wenn z.B. demokratische Traditionen oder Normen von den Beteiligten eher als intransparent und starr betrachtet werden – dann sind sie plötzlich vielleicht sogar Teil des Problems.
Unsere Angebote zur politischen Bildung zielen darauf ab, Demokratie als ganzheitlichen Zusammenhang aus Staatsform (Verfahren und Institutionen), Gesellschaftsform (Zivilgesellschaft und Öffentlichkeit) und Lebensform (Lebenswelt, soziale Beziehungen und soziales Umfeld) zugänglich und erfahrbar zu machen.
1. Politik ganz persönlich.
Sobald wir mit anderen Menschen zusammenkommen, handeln wir uns politische Probleme ein. Wer sagt, wo es langgeht? Mache ich noch mit, wenn es mal nicht nach meiner Nase geht? Wie kann ich aus Frustration und Gegnerschaft wieder zu einem gelingenden Miteinander finden? Ist meine Existenz bedroht, wenn ich im Beruf auch mal deutlich "Nein" sage? Wo liegen die Grenzen meiner Freiheit? Wie kann ich Konflikte konstruktiv und lösungsorientiert bearbeiten? Das alles sind keine Fragen, die erst im Landtag im Schweriner Schloss oder im Regierungsviertel in Berlin entstehen. Das sind Fragen, die jede*r kennt. Damit Antworten auf diese Fragen von demokratischen und freiheitlichen Werten getragen sind, brauchen Menschen Übung.
2. Lösungen finden, gemeinsam Lernen
Unsere Angebote setzen genau hier an. Sie verwickeln Menschen in spielerischen Formaten und sozialen Lernumgebungen in Prozesse der Meinungsbildung und Entscheidungsfindung und regen auf vielfältige und lebensnahe Weise dazu an, die eigenen Werturteile und Annahmen in diesen Prozessen zu hinterfragen und zu erkunden. Ganz selbstverständlich wird dabei immer auch die Frage gestellt, welchen Platz demokratische Prinzipien in dem Erlebten hatten und welche Fähigkeiten dafür notwendig sind.
3. Worauf es ankommt
In den unterschiedlichen Lernumgebungen kommen zentrale Aspekte einer politischen Bildung zum Tragen, die auf Erfahrungen und der Auseinandersetzung mit Problemen beruhen:
Gestaltungskompetenz entwickeln: Eine Reihe sozialer Konflikte beruht darauf, dass Beteiligte sich nicht in der Lage sehen, den situativen Rahmen zu hinterfragen, in dem die Konflikte entstehen. In unseren Lernumgebungen lernen Teilnehmende, Bedürfnisse zu kommunizieren und nach nicht-konfrontativen Lösungen zu suchen.
Vom Konflikt zum Dilemma: Was passiert, wenn Konflikte sich nicht aus der Welt schaffen lassen, die Position des Gegenübers jedoch als gleichwertig zur eigenen anerkannt werden kann? Ein Dilemma entsteht, das auf der prinzipiellen Gleichwertigkeit von Ansprüchen beruht. Wird das akzeptiert, verändert sich die Suche nach Lösungen.
Kompromisse schmieden: Kompromisse sind entgegen langläufiger Einschätzungen nicht automatisch der Königsweg der politischen Entscheidungsfindung. In unseren Lernsettings setzen sich Teilnehmende damit auseinander, dass die Qualität von Kompromissen steigt, wenn sie auf Gestaltungskompetenz und der Fähigkeit zur Akzeptanz von Dilemmata beruhen.
Mehrheiten organisieren: Ein Mehrheitsentscheid ist die ultima ratio der demokratischen Entscheidungsfindung, sie ist in der Regel die ‚schlechteste‘ aller möglichen Lösungen – wenn alle Suche nach Konsens und Kompromiss nicht erfolgreich war. Ob sie von allen, auch von den als Minderheit Unterlegenen, akzeptiert wird, hängt wesentlich davon ab, ob ernsthafte, glaubwürdige Versuche zur Umgestaltung der Konfliktsituation (Gestaltungskompetenz), zur wechselseitigen Anerkennung widerstreitender Positionen (Dilemma-Akzeptanz) und bei der Suche von Kompromissen unternommen wurden.
4. Lebensnahe Angebote
Anwendungs- und problemorientiere Lernumgebungen werden von uns individuell zugeschnitten und auf die Teilnehmenden angepasst. So finden sich ganz unterschiedliche Menschen mit sehr heterogenen Anforderungen und Erwartungen an Prozesse der politischen Bildung in den Angeboten der RZ wieder, z.B.